Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse. |
Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen
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"'Gauck-Behörde soll noch viele Jahre arbeiten'
/ Bundestagspräsident Thierse gegen Schlußstrich-Debatte / Stasi-Regelanfrage
beibehalten / Lob für neue Stiftung
... Jeden Monat stellen nach Gaucks Angaben weiterhin rund 10000
Privatpersonen Anträge auf Akteneinsicht, ebensoviele Überprüfungsgesuche
kämen von Behörden. Vier Millionen Anträge seien es insgesamt.
Erst jetzt seien alle Anfragen aus dem Jahr 1993 bearbeitet worden. Thierse
sagte, die unverändert hohe Zahl der Anfragen zeige, daß
das Interesse an dieser Form der Aufarbeitung auch nach sieben Jahren
noch keinesfalls nachgelassen habe. Der Bundestagspräsident widersprach
der zunehmend geäußerten Forderung nach einem 'Schlußstrich'
unter die Beschäftigung mit der DDR-Geschichte. ... Es werde allerdings
'Akzentverlagerungen' geben, weg von der Bearbeitung von Anträgen
und hin zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung und Archivierung von Dokumenten.
Der Bundestagspräsident zeigte sich beeindruckt vom 'sprichwörtlichen
Ehrgeiz', mit dem die Gauck-Mitarbeiter in der ehemaligen Stasi-Zentrale
in mühevoller Kleinarbeit zerstörte Akten wiederherstellen.,
die die Stasi in den Wendemonaten 1989/90 vernichten wollte. ... Thierse
kritisierte erneut die kürzlich erhobenen Forderungen von PDS-Bundestagsabgeordneten
nach Amnestie und Entschädigung für ehemalige DDR-Funktionsträger.
Er verteidigte die Stasi-Regelanfrage bei Beschäftigten des öffentlichen
Dienstes bei der Gauck-Behörde. Hierbei solle in Zukunft aber stärker
differenziert werden, welches Amt die betreffende Person heute bekleidet.
Thierse und Gauck kritisierten die Abschaffung der obligatorischen
Anfrage in Mecklenburg-Vorpommern durch die dortige SPD-PDS-Koalition.
Dort werden Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes nur noch auf Anfrage
auf eine ehemalige Staatssicherheits-Tätigkeit überprüft.
... Beim anschließenden Besuch der Stiftung zur Aufarbeitung der
SED-Diktatur im Bezirk Mitte lobte Thierse die seit November arbeitende
Stiftung als 'außerordentlich wichtig'. ... ...sagte Thierse, vor
allem die Förderung und Vernetzung von kleinen Archiven, Opferverbänden
und ehrenamtlichen Aufarbeitungsgruppen erfülle eine bedeutende politische
und gesellschaftliche Aufgabe." Tsp 23.12.98 S. 2
"'DDR-Aufarbeitung ist nötig und wichtig'
/ Bundestagspräsident Thierse will mit Besuch der Gauck-Behörde
ein Zeichen setzen
... Der Bundestagspräsident sprach sich grundsätzlich
für die Beibehaltung der Regelanfrage im Öffentlichen Dienst
aus. Dabei müßten acht Jahre nach der Vereinigung allerdings
Differenzierungen möglich sein, bemerkte Thierse. Für Bewerber
eher unbedeutender Stellen könnte auf weitere Nachfragen bei der Gauck-Behörde
nach der Erstauskunft verzichtet werden, schlug er vor. Da in den Anfangsjahren
der Gauck-Behörde die Unterlagen nur sehr unvollständig erschlossen
waren, werden Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst oft mehrfach überprüft.
'Je höher das zu besetzende Amt ist, desto strenger muß jedoch
überprüft werden', forderte Thierse. Das gelte auch für
Landtagsabgeordnete, sagte er mit Blick auf die Aufhebung der Regelanfrage
in Mecklenburg-Vorpommern." BerlZtg 23.12.98 S. 6
"Vom Detail-Puzzle zur kompletten Analyse der
Stasi / Thierse sieht noch viel Arbeit für Gauck-Behörde. USA
und Rußland sollen MfS-Akten zurückgeben
... Puzzle-Rekord: Rekonstruktion eines postkartengroßen
Dokuments aus 92 Teilen." MoPo 23.12.98 S. 2
"Thierse für Rückgabe der Stasi-Akten
aus USA / Appell auch an Rußland / Neue Enthüllungen
möglich
... Die Dokumente der DDR-Auslandsspionage waren im Zuge der
Wende in die USA und nach Rußland gelangt. Der Geheimdienst CIA soll
sich dabei die Namen von rund 13 000 Stasi-Spionen beschafft haben. ...
Eine Veröffentlichung der Akten könnte zu neuen Stasi-Enthüllungen
führen. Gauck sagte, die Dokumente könnten helfen, die Zahl von
rund 20 000 Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit im
Westen weiter zu belegen. Seriöse Angaben über den Inhalt der
Dokumente könne er aber nicht machen." Tsp 23.12.98 S. 1
"Aktion 'Rosewood': die Meisterleistung der
CIA / Stasi-Material kam nach der Wende in die USA - jetzt will Bonn
die Rückgabe
... Nach neun Jahren Geheimniskrämerei hat die Bundesregierung
genug. Stasi-Akten sind Eigentum des Rechtsnachfolgers der DDR, und dies
ist - über die neuen Länder - die Bonner Regierung. ...
Andere Quellen beteuern, es ginge um ein paar Mikrofilme, die zwar sämtliche Klar-
und Decknamen und darüber hinaus alle Jahresberichte der
HVA enthielten, ansonsten aber bequem in einem einzigen Koffer wegzuschaffen
seien. ... Die CIA nutzte die Wende-Wirren, um sich das Gedächtnis
des Feindes unter den Nagel zu reißen. ... Neben der Benutzung für
Spionageprozesse ist zumindest ein weiterer Verwendungszweck der Akten
klar. Die CIA benutzt sie, um mögliche Agenten 'auszubrennen',
wie es im Geheimdienst-Jargon heißt. Jene Bürger der USA, West-Deutschlands,
Großbritanniens und anderer Nato-Staaten, die in den HVA-Akten als
Ostagenten geführt weden, erhielten Besuch vom CIA. ... Insgesamt
soll die HVA-Datei 300 000 Namen enthalten." Tsp 23.12.98 S.
3
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"Berufung gegen 'Republikaner' / Innensenator
Werthebach will Berufung gegen das Gerichtsurteil einlegen, wonach der
Verfassungsschutz die 'Republikaner' nicht mehr nachrichtendienstlich beobachten
darf
... Dazu zählen Abhörmaßnahmen und der Einsatz
von V-Männern. Nach dem Urteil darf die Partei außerdem nicht
mehr im jährlichen Verfassungsschutzbericht genannt werden. ... ...in
dem schriftlichen Urteil, das seit wenigen Tagen vorliegt, üben sich
die Richter in Verwaltungsschelte(:) Zur Untermauerung der inhaltlichen
Vorwürfe wie beispielsweise einer 'rassistisch gefärbten Agitation'
habe das Landesamt nicht das Parteiprogramm der Reps herangezogen. Der Verfassungsschutz
halte das 'Parteiprogramm selbst offenbar für so wenig ergiebig, daß
er es zum Beleg nicht anführt und sogar in der mündlichen Verhandlung
über dessen aktuellen Stand nicht informiert schien', heißt
es in dem Urteil. Außerdem habe der Verfassungsschutz keine Erkenntnisse
vorgelegt, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnen wurden. Die
vom Verfassungsschutz vorgetragenen Fakten zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen
der 'Republikaner' seien nicht ausreichend gewesen, um den Einsatz von
Abhörgeräten und V-Männern zu rechtfertigen. Ein solcher
Eingriff in die Grundrechte sei nur bei 'greifbaren und schwerwiegenden
Anhaltspunkten' gerechtfertigt. 'Einzelne Verdachtsmomente minderen Gewichts'
reichten nicht aus. Auf die Menge und die 'inhaltliche Bedeutsamkeit' komme
es an. Die Erkenntnisse dürften zudem nicht länger als zwei Jahre
zurückliegen." 23.12.98 S. 18
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"Ab Frühjahr sollen Flüchtlinge kein
Bargeld mehr erhalten / Einkauf per Chipkarte / Mehrere Bezirke planen
Umstellung
Voraussichtlich im späten Frühjahr bekommen Kriegsflüchtlinge,
die in den Bezirken Zehlendorf, Steglitz, Neukölln und Spandau wohnen,
die Sozialhilfe nicht mehr bar ausgezahlt. Der monatliche Betrag von
380 Mark wird statt dessen auf einer scheckähnlichen, elektronischen
Chipkarte gebucht. ... Das Unternehmen 'infracard' übernimmt die Abrechung." BerlZtg
23.12.98 S. 21
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"Wenn die Information privatisiert wird / Freier
Träger klärt über Rechte und Pflichten von Arbeitslosen
auf
... Dem Trend zur Verlagerung von Aufgaben an private Anbieter
können sich auch die Arbeitsämter nicht mehr verschließen.
Aus diesem Grund hat die Steglitzer Zweigstelle des Arbeitamtes Südwest
beschlossen, Arbeitslose von einem privaten Träger über ihre
Rechte und Pflichten informieren zu lassen. ... In einer Testphase
wird jetzt das Programm 'Job-Info 2000' erprobt. ... Die Teilnahme
an dem einwöchigen Kursus ist für neu gemeldete Arbeitslose im
Einzugsbereich des Steglitzer Amtes obligatorisch. Wer die Teilnahme verweigert,
muß mit Einschränkungen bei den Leistungen rechnen." Tsp
23.12.98 S. 14
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"Bahn muß Daten bei Citibank löschen
lassen
Die Deutsche Bahn muß Daten von Bahn-Card-Kunden, die
sie gegen den Willen der Käufer an die Citibank weitergeleitet
hat, wieder löschen lassen. ... Amtsgericht Kassel ... (Az.:
242 C 1260/98). Die Kläger hatten ... eine Bahn-Card beantragt und
in den Formularen das Kleingedruckte durchgestrichen, in dem sich
der Kunde mit der Weiterleitung seiner Daten einverstanden erklärt.
Die Bahn läßt die Karte in den USA produzieren und gibt
die Daten dort an die Citibank weiter." taz 23.12.98 S. 4
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"ANTISEMITISMUS-UMFRAGE" Tsp 23.12.98 S. 1
"Schwer zu deuten: Umfragen über Einstellungen
/ Kritische Anmerkungen des Soziologen Werner Bergmann zur 'Forsa'-Studie
über antisemitische Haltungen
... Die Meinungsforscher haben 2005 Personen nach Eigenschaften
befragt, die 'Deutschen' und 'Juden' zugeordnet werden sollten, und sie
haben Aussagen über jüdischen 'Einfluß' und 'Eigentümlichkeiten'
vorgelegt. 'Dieser Begriff von 'Latenz' ist nicht sinnvoll', sagte Bergmann
dem Tagesspiegel, 'denn da ist nichts mehr verborgen. Die Aussagen werden
ja gegenüber dem Interviewer geäußert.' Daraus kann aber
nicht geschlossen werden, daß die 20 Prozent als 'latent antisemitisch'
eingestuften Befragten nun manifest judenfeindliche Einstellungen
haben. 'Es hängt ganz davon ab, wie man die Skala macht', sagt Bergmann.
'Ist jemand antisemitisch eingestellt, wenn er auf eine Frage mit einer
judenfeindlichen Aussage reagiert, oder erst, wenn er das bei fünf
Antworten tut? Es bleibt ein Element der Willkür, das ist gar
nicht zu umgehen.' Deshalb seien Umfragen auch so schwer zu vergleichen;
Veränderungen können nur zuverlässig registriert werden,
wenn exakt dieselben Fragen und Skalen verwendet werden." Tsp
23.12.98 S. 4
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